Steigende Zinsen bei Immobilienfinanzierungen – lohnt sich das noch?

03.05.2022

Die Inflationsrate ist in Deutschland in den letzten Monaten sprunghaft angestiegen und liegt mittlerweile bei 7,6% (Quelle: EZB). Auf dem Immobilienmarkt spürt man das deutlich. Die Zinsen für eine Immobilienfinanzierung sind so hoch wie seit 10 Jahren nicht mehr. Lagen die Zinsen für ein Immobiliendarlehen vor einem Jahr noch teilweise unter 1% haben Sie mittlerweile das Niveau von 2012 mit etwa 2,8%, je nach Kredit und Laufzeit, erreicht. Teilweise liegen die Zinsen bereits bei über 3%. 

  • Was bedeuten die steigenden Zinsen nun für Immobilienanleger?
  • Verdienen Immobilien ihren Spitznamen als „Betongold“ noch?
  • Was müssen Sie beachten, wenn Sie jetzt eine Immobilie finanzieren wollen?
  • Sind Immobilien überhaupt noch gute Geladanlagen?

Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Natürlich kann niemand auch für Immobilien eine pauschale Aussage treffen. Doch in Bezug auf Immobilien möchten wir das Sprichwort noch ein bisschen ergänzen: „Es glänzt auch nicht alles, was Gold ist“. Warum Immobilien auch jetzt noch gute Geldanlagen sind, das erfahren Sie in diesem Artikel. 

Das Wichtigste auf einen Blick:

Immobilien lohnen sich trotz hoher Zinsen langfristig dank des Hebeleffekts

Kaum an einem anderen Ort gibt es so gute steuerliche Voraussetzungen für den Weiterverkauf von Immobilien wie in Deutschland 

Immobilien sind nach wie vor eine lohnende Altersvorsorge

Warum Immobilien als krisensicher gelten


Bevor wir zur eigentlichen Frage kommen, ob sich die Investition in Immobilien zur Zeit noch lohnt, noch kurz ein Wort dazu, warum sie überhaupt immer wieder als krisenfest bezeichnet werden.

Die meisten von uns, sofern sie nicht größere Summen Geld geerbt haben, müssen eine Immobilie finanzieren. Das ist eine große Entscheidung und manche schrecken sogar vor dem Gedanken zurück, sich über einen langen Zeitraum hinweg zu verschulden. Was viele überrascht ist, dass es sich sogar lohnt, eine Immobilie über Fremdkapital zu finanzieren. Der Grund hierfür ist der sogenannte Fremdkapitalhebel. Viele kennen dieses Prinzip auch unter seinem Englischen Namen: der „Leverage-Effekt“.

Hebelwirkung – wenn Physik und Finanzen aufeinander treffen

Banken finanzieren Immobilien eher, weil sie in der Regel eine recht konkrete und greifbare Wertabsicherung in Form der Immobilie haben. Um also eine Immobilie zu finanzieren, können Sie sich Geld von der Bank leihen und dadurch eine deutlich höhere Summe investieren. Das ist an sich nichts Neues. In Relation gewinnt diese Aussage allerdings an Bedeutung. Für Aktienkäufe würden Banken Privatanlegern nämlich im Vergleich kein, oder nur deutlich weniger Geld leihen. Schon allein aus diesem Grund sind Immobilien für viele weiterhin eine der attraktivsten Anlageformen.

Wie werden Immobilien als Anlageform wahrgenommen?

Die Immobilie ist also eine der wenigen Anlageformen, bei denen man sein investiertes Kapital durch einen sinnbildlichen Hebel mit Hilfe der Bank erhöhen kann. Zwar müssen Sie das geliehene Geld samt Zinsen zurückzahlen, können jedoch, wenn es gut läuft, dafür auch überproportional durch einen steigenden Immobilienwert oder höhere Mieteinnahmen langfristig profitieren. Wenn man sich die Auswertungen für Deutschland der letzten Jahrzehnte ansieht, dann sind Immobilien traditionell dank der Hebelwirkung eine der sichersten Anlageformen. 

 

 

Vielleicht denken Sie jetzt: das ist doch klar, dass JUNO das als Immobilienagentur so darstellt. Schließlich sind Immobilien unser täglich Brot. Doch wir sind mit dieser Einschätzung nicht alleine. Laut einer forsa-Umfrage bezüglich Anlageformen, die in Zeiten einer Inflation als sicher eingeschätzt werden, schätzten zum Zeitpunkt der Erhebung 75 Prozent der Befragten selbst genutzte Immobilien als sichere Vermögensanlage in Inflationszeiten ein. 62 Prozent schätzten Kapitalanlage-Immobilien als sichere Anlageform ein. (Quelle: statista)

Gute steuerliche Ausgangslage

Hinzu kommt auch die steuerliche Situation in Deutschland. Sofern Sie eine Immobilie mehr als 10 Jahre besessen haben oder in drei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren darin gewohnt haben (Geheimtipp: mindestens jedoch 12 Monate und 2 Tage, sofern drei Kalenderjahre berührt werden), können Sie diese steuerfrei als Privatverkauf wieder veräußern. Das spricht auch trotz hoher Zinsen und angepasster Zinspolitik weiterhin für Immobilieninvestments. 

Warum die Zinsen derzeit steigen

Nun zur eigentlichen Frage, ob sich Immobilien als Geldanlage noch lohnen. Viele, besonders vor dem ersten Immobilienkauf, sind aufgrund der steigenden Zinsen verunsichert. 

Wonach bestimmen sich die Zinsen für Immobilienfinanzierungen

Für die Zinsentwicklung bei Baufinanzierungen ist zunächst der Leitzins der EZB von Bedeutung. Ziel einer Zentralbank ist es, in einem bestimmten politischen Raum das Preisniveau stabil zu halten. Derzeit steigen die Zinsen aufgrund verschiedenster Ursachen. Die Inflation in Europa beläuft sich aktuell auf 7,6%. Ein Mittel zur Bekämpfung der Inflation ist die Erhöhung des Leitzinses. 

Eine Anhebung des Zinses bewirkt eine Geldverteuerung, die schließlich zur Geldverknappung führt. Für Geschäftsbanken ist das Leihen von Geld teurer geworden und sie geben diese Kostenerhöhung an die Verbraucher weiter. Auch für diese wird die Aufnahme von Krediten dann teurer. Die Anreize in der Privatwirtschaft sinken, Kredite aufzunehmen.

Ein Blick über den großen Teich

In Amerika ist das bereits geschehen. Im März 2022 hob die Zentralbank der USA, umgangssprachlich auch „Fed“ genannt, den Leitzins dort um 0,25 auf 0,5 Prozentpunkte an. Und    gerade diese Woche wurde der Leitzins dort erneut um 0,5 Prozentpunkte angehoben. Wann die EZB hier den Leitzins anhebt, bleibt abzuwarten. Allerdings nehmen die Banken an, dass der Leitzins bald auch hier steigen wird. Und schon ändern die Banken die Kreditkonditionen. 

Kredite werden teurer…

Dennoch steigen auch hier schon die Zinsen für Immobilienkredite noch aus einem anderen Grund stark an. Banken finanzieren nämlich Ihr Hypothekengeschäft unter anderem durch festverzinsliche Wertpapiere wie Anleihen oder Pfandbriefe. Da viele Anleihen, wie etwa die Bundesanleihen seit vielen Jahren erstmals wieder einen positiven Zins aufweisen, nimmt die Umlaufrendite zu. Auf Basis der steigenden Zinserwartung steigen entsprechend die Bauzinsen – auch wenn der Leitzins von der EZB (noch) nicht erhöht wurde.

Steigen die Zinsen, dann wird auch die Immobilienfinanzierung teurer. Wir müssen höhere Beträge für unser geliehenes Geld an die Bank zurückzahlen. Was auf den ersten Blick nur wie wenige Prozentpunkte aussehen mag, macht bei einer 10- bis 15-jährigen Finanzierung schon einmal mehrere zehntausend Euro aus. Denn die Zinsbelastung und damit die monatliche Tilgungsrate steigt.

Hat man eine Immobilie für 500 000 Euro mit einem Darlehen über 400 000 Euro gekauft, dann macht sich ein höherer Zinssatz sofort bemerkbar: Wenn wir pro Jahr zum Beispiel 2 Prozent unseres Kredites tilgen möchten und dazu noch die Zinszahlung kommt, dann kann das zu großen monatlichen Belastungen führen: Bei einem Zinssatz von 2,2% im Vergleich zu 0,7 % sind es also knapp 55 Prozent mehr, die man monatlich für die Finanzierung berappen muss. Und das ist gar nicht so unerheblich.

Sollten die Immobilienpreise auf dem Niveau bleiben, auf dem sie derzeit sind, oder gar weiter ansteigen, kann es für viele (noch) schwieriger werden, eine Immobilie zu finanzieren. Hinzu kommen die hohen Energiepreise, die Neubau und Sanierungen zusätzlich verteuern.

… aber wir sagen: Immobilien lohnen sich trotzdem noch

Dank Zinseszins

Stellen Sie sich eine Immobilienfinanzierung für einen Zeitraum von 30 Jahren mit einer gleichbleibenden Rate von 2000 € im Monat vor. Diese Rate bedient zur Hälfte das Darlehen, zur Hälfte die Zinsen. Je höher die Zinsen hier sind, desto mehr sparen Sie hier dank des Zinseszinseffektes mit jeder gezahlten Rate. Mit der ersten Rate, die Sie im Jahr zahlen, haben Sie bereits ein Zwölftel des Jahreszinses gespart. Und je höher der Zinssatz, desto mehr sparen Sie mit jeder zurückgezahlten Rate. Es stimmt, dass man durch die steigenden Zinssätze mehr Zinsen zahlt, allerdings ist das Darlehen auch schneller abbezahlt. Es kommt zu einem größeren Teil also mehr darauf an, ob Sie sich die monatliche Rate leisten können.

Abkürzungen sind möglich

Außerdem gibt es zahlreiche Möglichkeiten, wie Sie die Finanzierung deutlich abkürzen können. Im Laufe Ihrer Karriere erhalten Sie Gehaltserhöhungen, vielleicht Erben Sie etwas. Über Sondertilgungen können Sie die Laufzeit Ihres Kredites deutlich verkürzen. 

Zur Miete wohnen ist nicht günstiger 

Was ist die Alternative zum Immobilienkauf? Zur Miete wohnen. Allerdings sind die Höhe der Mieten in der Zukunft gerade in vielen Ballungsgebieten kaum vorherzusehen. Selbst für den Fall, dass Sie bei einer Immobilienfinanzierung bei Renteneintritt noch eine Restschuld von etwa 100.000 € hätten, würden Sie selbst bei einem Zinssatz von über 8% nur eine monatliche rate von 800 € zahlen. Damit sind Sie jetzt schon besser bedienst als mit einer Mietwohnung in Frankfurt, München oder Hamburg, aber auch in kleineren Städten, wo die Mieten weiterhin steigen.

Zusammenfassung

Zugegeben: die Zeiten für Immobilienfinanzierungen waren schon besser. Aber auch schlechter. Richtig angestellt, kann sich der Kauf einer Immobilie daher sowohl zur Vermietung als auch zur Eigennutzung lohnen. Dafür müssen Sie folgendes beachten:

  • Realistisch bleiben
    Bei der Frage, was man sich tatsächlich leisten kann, sollten man unbedingt ehrlich zu sich selbst sein. Sind die Zinsen höher, ist auch die finanzielle Belastung deutlich höher. Daher ist es wichtig, sich im Voraus klar zu machen, welche monatliche Rate man langfristig tragen kann.
  • Lange Zinsbindung
    Bei großen Finanzierungen kann die Zinsbindung auf lange Sicht einen großen Unterschied machen und die finanzielle Belastung über einen längeren Zeitraum kalkulierbar machen. 
  • Gute Bonität
    Je besser die Schufa-Auskunft, desto besser auch der Zinssatz. Eine Finanzierung will also gut vorbereitet sein. 

Derzeit bringen Immobilienfinanzierungen einige Herausforderungen mit sich. Dennoch kann man sagen, dass sie ihren Spitznamen als „Betongold“ weiterhin zur Recht verdienen. Mit guter Planung und einem kompetenten Finanzierungsberater an der Seite bieten sich einige lukrative Möglichkeiten, lohnend und bei begrenztem Risiko in Immobilien zu investieren.

Keine Angst vor dem Immobilienkauf – Vier Gründe dafür

Hier noch einmal alle Gründe aus diesem Artikel, die für eine Immobilienfinanzierung trotz hoher Zinsen sprechen, auf einen Blick:

  • Langfristiger Nutzen von Immobilieninvestments (Stichwort Leverage-Effekt)
  • Günstige Konditionen beim Weiterverkauf (Stichwort Spekulationsfrist)
  • Immobilien stellen ein passive Altersvorsorge dar
  • Zur Miete Wohnen ist nicht zwingend günstiger. 

Hohe Zinsen und Anschlussfinanzierungen

Immobilienkredite laufen oft nach 10 oder 15 Jahren aus. Die meisten von uns haben beim Immobilienkauf noch von den niedrigen Zinsen profitiert. Wer also nicht schon frühzeitig ein Forwarddarlehen abgeschlossen hat, ist jetzt auf der Suche nach günstigen Konditionen für eine Anschlussfinanzierung. Was Sie dabei beachten müssen, erfahren Sie in unserem nächsten Artikel. Wir wünschen Ihnen einen schönen Sonntag. Bis zum nächsten Mal bei JUNO ImmoTalk.

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Autor

Luise Sommer